Kündigungsrecht in Polen

  • Wie ist der Kündigungsschutz geregelt?

Die in Polen geltenden Rechtsvorschriften gewähren den Arbeitnehmern einen besonderen Beschäftigungsschutz, insbesondere durch:

    • eingeschränktes Kündigungsrecht des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber während einer gerechtfertigten Arbeitsabwesenheit des Arbeitnehmers (Krankheit, Urlaub usw.),
    • die Pflicht der ordnungsgemäßen und schriftlichen Begründung der Ursachen für die Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber,
    • die Einschränkung der Entlassungsmöglichkeiten bestimmter Arbeitnehmergruppen, vor allem Frauen (siehe nachfolgender Punkt) sowie Personen, die kurz vor dem Rentenalter stehen.

Der die Entlassung des Arbeitnehmers beabsichtigende Arbeitgeber ist verpflichtet, darüber die diesen Arbeitnehmer vertretende Betriebsgewerkschaft schriftlich mit Angabe der die Vertragsauflösung begründenden Ursachen zu informieren.

Ist die Betriebsgewerkschaft der Ansicht, die Kündigung sei unbegründet, kann sie innerhalb von 5 Tagen nach Erhalt der Information dem Arbeitgeber schriftlich begründete Vorbehalte melden (Art. 38, §§ 1-2). Eine Ablehnung der Kündigung durch die Gewerkschaft steht dieser jedoch nicht im Wege. Die Vorbehalte der Gewerkschaft können aber eine gewichtige Rolle im anschließend möglichen Prozess vor dem Arbeitsgericht spielen, denn jeder Arbeitnehmer hat das Recht, bei einer unbegründeten oder rechtswidrigen Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber Klage beim Arbeitsgericht zu erheben (Art. 44, 45, 56 KP). Sollte das Arbeitsgericht der Ansicht sein, dass die Klage begründet ist, kann es die Unwirksamkeit der Kündigung des Arbeitsvertrages und die Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses (falls die Kündigungsfrist abgelaufen und der Arbeitsvertrag bereits aufgehoben ist) oder die Zahlung eines Schadensersatzes (falls die Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses unmöglich oder unzweckmäßig ist) beschließen.

Einem besonderen Kündigungsschutz unterliegen folgende Arbeitnehmergruppen:

    • Arbeitnehmer während einer gerechtfertigten Abwesenheit (u. a. Urlaub, Krankheit)
    • Schwangere und Frauen im Mutterschaftsurlaub
    • Eltern im Erziehungsurlaub (nur bei individuellen Kündigungen)
    • Arbeitnehmer, die innerhalb von 4 Jahren einen Pensionsanspruch erlangen können
    • die Leitung der Betriebsgewerkschaft
    • die Mitglieder des Betriebsrates in staatlichen Betrieben sowie die Arbeitsinspektoren.

Die oben genannten Funktionsträger genießen während der Tätigkeit sowie bis zu einem Jahr nach ihrer Beendigung diesen besonderen Kündigungsschutz.

  • Wie lang sind die Kündigungsfristen?

Die Kündigungsfrist eines Arbeitsvertrages ist von der Art des Arbeitsvertrags und der Beschäftigungsdauer beim jeweiligen Arbeitgeber abhängig.

Ordentliche Kündigung: Bei einer ordentlichen Kündigung sind abhängig von der Art des Arbeitsvertrages folgende Kündigungsfristen einzuhalten:

Arbeitsvertrag auf Probe, Art. 34 KP:

    • bei einer Probezeit von bis zu 2 Wochen: Kündigungsfrist von 3 Tagen,
    • bei einer Probezeit von über 2 Wochen aber unter 3 Monaten: Kündigungsfrist von 1 Woche,
    • bei einer Probezeit von 3 Monaten: Kündigungsfrist von 2 Wochen.

Unbefristeter und befristeter Arbeitsvertrag, Art. 36 § 1 KP:

    • bei einer Anstellung von bis zu 6 Monaten: Kündigungsfrist von 2 Wochen,
    • bei einer Anstellung von über 6 Monaten: Kündigungsfrist von 1 Monat,
    • bei Anstellung von mindestens 3 Jahren: Kündigungsfrist von 3 Monaten.

In die Beschäftigungszeit zählt auch die Zeit hinein, die man beim vorherigen Arbeitgeber beschäftigt war, soweit der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen, welche vom Arzt bestätigt wurden, wechseln musste (Art. 361, 231 KP).

Außerordentliche (fristlose) Kündigung

Der Arbeitgeber kann die fristlose Kündigung nur in folgenden, vom Arbeitnehmer verschuldeten, Fällen aussprechen (Art. 52 KP):

    • Verletzung wesentlicher vertraglicher Pflichten
    • Begehung eines Verbrechens, das eine weitere Anstellung unmöglich macht
    • selbstverschuldeter Verlust von Arbeitsbefähigungsnachweisen sowie beim Vorliegen folgender, vom Arbeitnehmer nicht verschuldeter, Gründe (Art. 53 KP):
    • krankheitsbedingte Abwesenheit von über 3 Monaten bei einer Anstellung unter 6 Monaten
    • krankheitsbedingte Abwesenheit, die länger dauert, als der Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankengeld bei einer Anstellung von mehr als 6 Monaten
    • Abwesenheit von mehr als 1 Monat aus anderen (gerechtfertigten) Gründen.

Fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer: Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer kann in folgenden Fällen erfolgen (Art. 55 KP):

    • schwere Verletzung der Hauptpflichten gegenüber dem Arbeitnehmer
    • ärztlich bestätigter schädlicher Einfluss der Arbeit auf die Gesundheit des Arbeitnehmers.

Die Erklärung des Arbeitnehmers hat schriftlich und unter Angabe des die Aufhebung des Arbeitsvertrages rechtfertigenden Grundes zu erfolgen. Sollte die Aufhebung des Arbeitsvertrages auf eine grobe Verletzung der Pflichten durch den Arbeitgeber zurückzuführen sein, so steht dem Arbeitnehmer ein Schadenersatz in Höhe der Vergütung der Kündigungsfrist zu, wenn er einen unbefristeten Arbeitsvertrag hatte. Im Falle eines befristeten Arbeitsvertrages steht diesem Arbeitnehmer eine Entschädigung in Höhe eines Arbeitsentgeltes für die noch verbleibende Laufzeit des Arbeitsvertrages zu, aber nicht mehr, als für die Kündigungsfrist.

  • Welche Abfindung steht mir zu?

Werden die Arbeitnehmer aus Gründen, die auf der Arbeitgeberseite liegen, entlassen, so haben sie folgenden Abfindungsanspruch:

    • 1 Monatsgehalt bei einer Dienstzeit von bis zu 2 Jahren
    • 2 Monatsgehälter bei einer Dienstzeit von 2 bis zu 8 Jahren
    • 3 Monatsgehälter bei einer Dienstzeit von mehr als 8 Jahren.

Die Abfindungshöhe darf den Betrag von 15 Minimallöhnen nicht übersteigen.

  • Was kann ich bei einer Kündigung tun?

Wenn Arbeitnehmer gegen eine ungerechtfertigte Kündigung vorgehen wollen, müssen sie innerhalb von 21 Tagen nach Eingang einer ordentlichen bzw. fristlosen Kündigung Klage vor dem polnischen Arbeitsgericht erheben. Die Arbeitnehmer haben grundsätzlich Anspruch auf eine Befreiung von den Gerichtskosten.